Dienstag, 10. November 2009

Elfenhaft und spritzig

Das English Chamber Orchestra und Isabelle Faust im Stuttgarter Beethovensaal

Stuttgart -
Man merkt der Geigerin Isabelle Faust an, dass sie eine erfahrene Streichquartett-Spielerin ist. Sehr genau hört sie in die Orchesterfarben hinein und tönt das Timbre ihres Instruments dem Augenblick entsprechend fein ab. Im Zusammenspiel mit dem English Chamber Orchestra, mit dem sie in der Reihe Konzertanter Querschnitt in Stuttgarter Beethovensaal zu hören war, gelangen ihr besonders im Adagio des Violinkonzerts in A-Dur von Mozart wahrhaft poetische Momente, als sie ihre Geigenstimme ganz bewusst mit den Bläserfarben verschmelzen ließ. Die 1972 in Esslingen geborene Künstlerin besitzt auch im leisesten Bereich einen intensiven, glasklaren und doch warmen Ton, der Mozarts ausdrucksvolle Melodik ideal zur Geltung brachte. Fausts elfenhaftes, spritziges Spiel in den schnellen Sätzen verband sich formidabel mit dem transparent und innig artikulierenden Orchester. Einen so luftigen, lichten und dennoch emotional durchgearbeiteten Mozart, wie er dann auch im Rondo für Violine und Orchester KV 373 aufschien, hört man selten.

Das Londoner Orchester spielte nicht mit einem Dirigenten, sondern unter der Leitung seiner jungen Konzertmeisterin Stephanie Gonley. Man schien sich bestens zu verstehen, artikulierte sehr genau und fand nicht nur in der klein besetzten Streichersonate G-Dur von Gioacchino Rossini, sondern vor allem auch in Haydns 44. Sinfonie, der sogenannten Trauersinfonie, zu einem inspirierten, beseelten Miteinander. Letztere brachte man dynamisch fein abgestuft, sehr transparent, mit lebendig geformter Phrasierung zu Gehör. Das Allegro con brio strotzte nur so vor Energie, das Menuett dagegen setzte rationale und lichte Kontraste, statt in Tränen und Seufzern zu versinken.

Die lyrische Con-sordino-Melodik des Adagio glückte sehr farbig, und im Finale schließlich, einem Meisterstück an kontrapunktischer Feinarbeit, kamen Stimmen und Gegenstimmen genauso plastisch zur Geltung wie der unerbittlich vorwärtstreibende Gestus zu seinem Recht. Ein brillanter Schlusspunkt, den das Publikum im sehr gut besuchten Beethovensaal mit warmem Applaus honorierte.

Veröffentlicht in der Eßlinger Zeitung vom 10.11.2009

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