Von Dauerpower zu lauer Dauertrauer
Patricia Kopatchinskaja, Sol Gabetta und Henri Sigfridsson in der Stuttgarter Liederhalle
Stuttgart - Der arme Haydn. Noch immer werden seine Werke mit Wonne zu Warmspielnummern degradiert. So auch am Mittwoch im bejubelten Konzert des Trios Kopatchinskaja-Gabetta-Sigfridsson im ausverkauften Mozartsaal der Stuttgarter Liederhalle. Im G-Dur-Klaviertrio ließ man Haydns Geist mitleidlos in massivem Klaviergedonner ertrinken. Gegen Henri Sigfridssons Prankenkraft kam in den beiden ersten Sätzen weder Patricia Kopatchinskajas auf rauhe und fahle Gegensätze bauendes Violinspiel noch Sol Gambetta am Cello an, deren kommunikativ-fröhliche Gestik in Sachen klanglicher Ausgewogenheit kein Echo fand. Im Finale bretterte man dann gemeinsam drauflos, damit bloß niemand auf die Idee kommen konnte, das Rondo all'ongarese sei eventuell nicht den feurigen ungarischen Teufelsgeigern abgelauscht.
Nach einer so anspruchsvollen Etüde war man warm für die "Episodi e Canto perpetuo" des 1946 geborenen lettischen Komponisten Peteris Vasks. Jetzt hielt sich der Pianist in angemessener klanglicher Distanz zu den beiden Streicherinnen, was angesichts der Vasksschen Dauertrauer in acht Sätzen aber auch gar nicht anders ging. Der virtuose Gestus ist in Vasks' kreisender, flächiger Musik sehr zurückgeschraubt. Der große Spannungsbogen dieses langen Lamentos aus unterschiedlichen Stimmungen und Farben gelang dem Trio vorzüglich.
Brahms' Klaviertrio op. 8 in der späten Fassung von 1889 mangelte es dann aber zumindest in den Außensätzen wieder an klanglicher Balance – und damit wohl auch an Vorbereitung. Sigfridsson fiel vor allem durch virtuose Selbstdarstellung auf. Dafür bot Sol Gabetta mit ausnehmend gefühlvoll gespielten Kantilenen eine Kostprobe ihrer unaufdringlichen Perfektion, während Kopatchinskaja im Scherzo und Adagio ihr Gespür für ungewöhnliche und überraschende Tonfälle zur Geltung brachte.
Rezension für die Stuttgarter Nachrichten vom 7. Mai 2010. Das Konzert fand statt am 5. Mai.
Stuttgart - Der arme Haydn. Noch immer werden seine Werke mit Wonne zu Warmspielnummern degradiert. So auch am Mittwoch im bejubelten Konzert des Trios Kopatchinskaja-Gabetta-Sigfridsson im ausverkauften Mozartsaal der Stuttgarter Liederhalle. Im G-Dur-Klaviertrio ließ man Haydns Geist mitleidlos in massivem Klaviergedonner ertrinken. Gegen Henri Sigfridssons Prankenkraft kam in den beiden ersten Sätzen weder Patricia Kopatchinskajas auf rauhe und fahle Gegensätze bauendes Violinspiel noch Sol Gambetta am Cello an, deren kommunikativ-fröhliche Gestik in Sachen klanglicher Ausgewogenheit kein Echo fand. Im Finale bretterte man dann gemeinsam drauflos, damit bloß niemand auf die Idee kommen konnte, das Rondo all'ongarese sei eventuell nicht den feurigen ungarischen Teufelsgeigern abgelauscht.
Nach einer so anspruchsvollen Etüde war man warm für die "Episodi e Canto perpetuo" des 1946 geborenen lettischen Komponisten Peteris Vasks. Jetzt hielt sich der Pianist in angemessener klanglicher Distanz zu den beiden Streicherinnen, was angesichts der Vasksschen Dauertrauer in acht Sätzen aber auch gar nicht anders ging. Der virtuose Gestus ist in Vasks' kreisender, flächiger Musik sehr zurückgeschraubt. Der große Spannungsbogen dieses langen Lamentos aus unterschiedlichen Stimmungen und Farben gelang dem Trio vorzüglich.
Brahms' Klaviertrio op. 8 in der späten Fassung von 1889 mangelte es dann aber zumindest in den Außensätzen wieder an klanglicher Balance – und damit wohl auch an Vorbereitung. Sigfridsson fiel vor allem durch virtuose Selbstdarstellung auf. Dafür bot Sol Gabetta mit ausnehmend gefühlvoll gespielten Kantilenen eine Kostprobe ihrer unaufdringlichen Perfektion, während Kopatchinskaja im Scherzo und Adagio ihr Gespür für ungewöhnliche und überraschende Tonfälle zur Geltung brachte.
Rezension für die Stuttgarter Nachrichten vom 7. Mai 2010. Das Konzert fand statt am 5. Mai.
eduarda - 7. Mai, 09:45