Sieg der Tasten
Das Ensemble Il Gusto Barocco mit Cembalo-Konzerten von Johann Sebastian Bach
Stuttgart - An diesem Abend stand 5:4 nicht für den Endstand eines Fußballspiels nach Elfmeterschießen. Die Rede ist von 5 Streichern gegen 4 Cembali, wie sie im letzten Konzert der Bach-Reihe des Ensembles Il Gusto Barocco in der Gaisburger Kirche Stuttgart zu hören waren. Ein Zahlenverhältnis, das klanglich eindeutig zugunsten der Tasteninstrumente ausfiel.
Gespielt wurden die vier Konzerte von Johann Sebastian Bach für zwei bis vier Cembali und Streichorchester BWV 1062 bis 1065. Die Entscheidung von "Mannschaftskapitän" Jörg Halubek, die Streichergruppe solistisch zu besetzen und nicht wie üblich zwei- oder dreifach, darf als äußerst fragwürdige Spieltaktik angesehen werden und lieferte dementsprechend ein ebensolches Klangergebnis. Denn durch das übermächtige, gleichförmige Dauergedribbel und -getackere der Cembali gerieten die beiden Geigen, Bratsche, Violoncello und Kontrabass schon bald ins Abseits, konnten sich gegen den Druck der Kielflügel nicht durchsetzen, zumal ihre Saiten auch noch mit zierlichen Barockbögen traktiert wurden.
Nicht verständlich war auch, warum sich Halubek nicht an Bachs Anweisung gehalten hatte, das eine oder andere Konzert mit weniger als vier Cembali spielen zu lassen. Auch in den Konzerten für zwei und drei Tasteninstrumente brachte er nämlich die volle Sturmspitze zum Einsatz – vermutlich war eines von ihnen stets als Generalbass im Einsatz. Aber hätte man dafür nicht ein anderes Harmonieinstrument einwechseln können?
So beeindruckte an diesem Konzert in der Gaisburger Kirche vor allem der sportive Charakter: In den schnellen Außensätzen konnten die Kielflügel wieder einmal beweisen, dass das Cembalo der Gepard unter den Tasteninstrumenten ist: Man gefiel sich im Kontern rasender Läufe und Triller und demonstrierte in den gleichgeschalteten glitzernd-klirrenden Klangkaskaden gediegenen Mannschaftsgeist. Dabei galt das Motto: Auf die Plätze, fertig, los. Am Satzende traf man sich stets auf den Punkt, dazwischen ging gelegentlich die eine oder andere Flanke daneben. In den langsamen Sätzen schob man sich dagegen die Akkorde oft etwas zu zäh zu. Von den kunstreichen Finessen der Kompositionen wurde ohnehin selten etwas offenbar.
Die fünf Streicher mussten sich damit begnügen, gelegentlich in die wetteifernden Angriffe der Cembali hineinzugrätschen. Das aber gelang durchaus mit Eleganz und sprechender Phrasierung. Doch am Endstand änderte das nichts: 4:0 für die Tasten. Deren Fans waren immerhin begeistert.
Rezension für die Eßlinger Zeitung vom 15. Juni. Das Konzert fand statt am 12. Juni 2010.
Stuttgart - An diesem Abend stand 5:4 nicht für den Endstand eines Fußballspiels nach Elfmeterschießen. Die Rede ist von 5 Streichern gegen 4 Cembali, wie sie im letzten Konzert der Bach-Reihe des Ensembles Il Gusto Barocco in der Gaisburger Kirche Stuttgart zu hören waren. Ein Zahlenverhältnis, das klanglich eindeutig zugunsten der Tasteninstrumente ausfiel.
Gespielt wurden die vier Konzerte von Johann Sebastian Bach für zwei bis vier Cembali und Streichorchester BWV 1062 bis 1065. Die Entscheidung von "Mannschaftskapitän" Jörg Halubek, die Streichergruppe solistisch zu besetzen und nicht wie üblich zwei- oder dreifach, darf als äußerst fragwürdige Spieltaktik angesehen werden und lieferte dementsprechend ein ebensolches Klangergebnis. Denn durch das übermächtige, gleichförmige Dauergedribbel und -getackere der Cembali gerieten die beiden Geigen, Bratsche, Violoncello und Kontrabass schon bald ins Abseits, konnten sich gegen den Druck der Kielflügel nicht durchsetzen, zumal ihre Saiten auch noch mit zierlichen Barockbögen traktiert wurden.
Nicht verständlich war auch, warum sich Halubek nicht an Bachs Anweisung gehalten hatte, das eine oder andere Konzert mit weniger als vier Cembali spielen zu lassen. Auch in den Konzerten für zwei und drei Tasteninstrumente brachte er nämlich die volle Sturmspitze zum Einsatz – vermutlich war eines von ihnen stets als Generalbass im Einsatz. Aber hätte man dafür nicht ein anderes Harmonieinstrument einwechseln können?
So beeindruckte an diesem Konzert in der Gaisburger Kirche vor allem der sportive Charakter: In den schnellen Außensätzen konnten die Kielflügel wieder einmal beweisen, dass das Cembalo der Gepard unter den Tasteninstrumenten ist: Man gefiel sich im Kontern rasender Läufe und Triller und demonstrierte in den gleichgeschalteten glitzernd-klirrenden Klangkaskaden gediegenen Mannschaftsgeist. Dabei galt das Motto: Auf die Plätze, fertig, los. Am Satzende traf man sich stets auf den Punkt, dazwischen ging gelegentlich die eine oder andere Flanke daneben. In den langsamen Sätzen schob man sich dagegen die Akkorde oft etwas zu zäh zu. Von den kunstreichen Finessen der Kompositionen wurde ohnehin selten etwas offenbar.
Die fünf Streicher mussten sich damit begnügen, gelegentlich in die wetteifernden Angriffe der Cembali hineinzugrätschen. Das aber gelang durchaus mit Eleganz und sprechender Phrasierung. Doch am Endstand änderte das nichts: 4:0 für die Tasten. Deren Fans waren immerhin begeistert.
Rezension für die Eßlinger Zeitung vom 15. Juni. Das Konzert fand statt am 12. Juni 2010.
eduarda - 14. Jun, 10:25