Montag, 13. September 2010

Die Qual der Wahl

Musikfest Stuttgart: In der "Großen Stuttgarter Nachtmusik" präsentierten sich Vielfalt und Qualität

Vor dem "Fruchtkasten", der Musikinstrumentensammlung des Landesmuseums, wurde ganz schön gedrängelt. Die letzten Einlasskarten, die Bachakademie-Intendant Christian Lorenz am Samstagabend ein bisschen gestresst in die Luft hielt, waren heiß begehrt und die 100 Plätze im Inneren des ehemaligen Kornspeichers schnell besetzt. Dort sangen die vier Absolventen des Meisterkurses der Brüder Stenzl Schumanns "Spanische Liebeslieder". Vor allem der junge Tenor Sebastian Kohlhepp konnte hier sein lyrisches Gespür zur Geltung bringen. Das Klavierduo selbst begleitete am exotischen Pleyel-Doppelflügel von 1898.

Das war nur eines von 15 Programmen der "Großen Stuttgarter Nachtmusik", in der regionale Künstler, Chöre und Ensembles, Profis und Laien, an vier Orten rund um den Schillerplatz dem vielfältigen musikkulturellen Spektrum der Landeshauptstadt eindrücklich Gehör verschafften. Und ein weiteres ungewöhnliches Konzertformat, mit dem die Bachakademie derzeit ihr Musikfest aufwertet. Das Interesse war groß, die Veranstaltungen auch in der Schlosskirche, der Dürnitz-Halle des Landesmuseums und der Stiftskirche voll. Von Konzert zu Konzert zu wandeln kommt an.

Vielseitiger und damit attraktiver sei das Musikfest geworden - ein Grund, nach Jahren der Abstinenz mal wieder vorbeizuschauen, bekundet ein Ehepaar vor der Schlosskirche. Hier gibt es gleich Gereon Müller und sein Rondo Vocale zu hören: einen Laienchor, der in A-cappella-Werken von Schütz, Brahms und Lauridsen zwar mit intonatorischen Problemen zu kämpfen hatte, aber auf gestalterischer Ebene alles gab. Danach zum Flügelschlag-Quartett, das mit Georg Crumbs "Music for a Summer Evening" für zwei Klaviere und Perkussion klangmagisch die Geister der Nacht beschwor. Die schlauchartige Stühlereihe im Dürnitz-Saal war bis auf den letzten Platz gefüllt - selten genug bei Neuer Musik.

Der glänzend organisierte Abend, zu dem gut 3000 Besucher fanden, bereitete nur ein Problem: die Qual der Wahl! Die Konzerteinheiten waren mit 40 Minuten etwas zu lang, so kam man in den fünf Stunden Programm nur durch fünf Konzerte. Wer am Ende allerdings zum exzellenten Philharmonia-Chor unter Johannes Knecht gefunden hatte, bereute seine Entscheidung nicht: Die Abendlieder von Bach, Reger und Rheinberger boten das schönste musikalische Betthupferl.

Besprechung für die Stuttgarter Nachrichten vom 13.9.2010. Die "Große Nachtmusik" fand statt am 11.9.

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