Alte Liebe rostet auch
Das Leipziger Streichquartett in der Stuttgarter Liederhalle
Stuttgart - Mit Blick auf den hohen Anspruch im Zusammenspiel, den die komplexe Satztechnik einfordert, spricht man im Falle des Streichquartetts gerne von einer "Ehe zu viert", die zwischen den Musizierenden geschlossen werde. Je länger ein Ensemble in der gleichen Besetzung zusammenarbeitet, desto eher stellt sich die Frage nach der Alltagsroutine.
Das Leipziger Streichquartett ist in diesem Sinne schon seit über zwanzig Jahren "verheiratet" – bei nur einem Partnerwechsel. Mit entsprechender Präzision und entspannter Selbstverständlichkeit in der Kommunikation erklang dann am Freitag im sehr gut besuchten Mozartsaal der Stuttgarter Liederhalle auch Johannes Brahms' äußerst komplexes Quartett c-Moll op. 51 Nr. 1.
Kein Zweifel: Stefan Arzberger, der erst seit 2008 die erste Geige spielt, hat sich in das Ensemble hervorragend integriert. Man präsentierte sich an diesem Abend als gut eingespieltes, an der strukturellen Durchleuchtung der Komposition konzentriert arbeitendes Team. Indes: Es fehlte der Aufführung jene radikale emotionale Durchdringung des Klangmaterials, die Quartett-Abende so fesselnd macht. Nicht, dass die vier Leipziger sich ödem Einheitsschönklang verschrieben hätten. Aber es blitzten nur selten die individuellen Farben der vier Stimmen auf, die sich stets einer auf gediegene Ausgewogenheit zielenden Spielkultur unterordneten. Man ging einfach zu wenige Risiken ein.
So wirkte Robert Schumanns eigentlich aufwühlendes Quartett a-Moll op. 41 Nr. 1 recht matt und blass. Zu gelassen gingen die Musiker selbst im Adagio zur Sache, ließen erst im grellen Finale durch einen betont rauen und schroffen Ton aufhorchen.
Schade, dass das in Sachen Neuer Musik versierte Ensemble auf Zeitgenössisches gänzlich verzichtete. Der Veranstalter Russ täte gut daran, wenigstens in seiner Streichquartett-Reihe mit seinem anspruchsvollen Publikum dem Neuen Raum zu geben. Auf Niels Gades romantisches Streichquartett-Fragment "Willkommen und Abschied" hätte man dafür gerne verzichtet.
Rezension für die Stuttgarter Nachrichten vom 25.10.2010. Das Konzert fand statt am 22.10.
Stuttgart - Mit Blick auf den hohen Anspruch im Zusammenspiel, den die komplexe Satztechnik einfordert, spricht man im Falle des Streichquartetts gerne von einer "Ehe zu viert", die zwischen den Musizierenden geschlossen werde. Je länger ein Ensemble in der gleichen Besetzung zusammenarbeitet, desto eher stellt sich die Frage nach der Alltagsroutine.
Das Leipziger Streichquartett ist in diesem Sinne schon seit über zwanzig Jahren "verheiratet" – bei nur einem Partnerwechsel. Mit entsprechender Präzision und entspannter Selbstverständlichkeit in der Kommunikation erklang dann am Freitag im sehr gut besuchten Mozartsaal der Stuttgarter Liederhalle auch Johannes Brahms' äußerst komplexes Quartett c-Moll op. 51 Nr. 1.
Kein Zweifel: Stefan Arzberger, der erst seit 2008 die erste Geige spielt, hat sich in das Ensemble hervorragend integriert. Man präsentierte sich an diesem Abend als gut eingespieltes, an der strukturellen Durchleuchtung der Komposition konzentriert arbeitendes Team. Indes: Es fehlte der Aufführung jene radikale emotionale Durchdringung des Klangmaterials, die Quartett-Abende so fesselnd macht. Nicht, dass die vier Leipziger sich ödem Einheitsschönklang verschrieben hätten. Aber es blitzten nur selten die individuellen Farben der vier Stimmen auf, die sich stets einer auf gediegene Ausgewogenheit zielenden Spielkultur unterordneten. Man ging einfach zu wenige Risiken ein.
So wirkte Robert Schumanns eigentlich aufwühlendes Quartett a-Moll op. 41 Nr. 1 recht matt und blass. Zu gelassen gingen die Musiker selbst im Adagio zur Sache, ließen erst im grellen Finale durch einen betont rauen und schroffen Ton aufhorchen.
Schade, dass das in Sachen Neuer Musik versierte Ensemble auf Zeitgenössisches gänzlich verzichtete. Der Veranstalter Russ täte gut daran, wenigstens in seiner Streichquartett-Reihe mit seinem anspruchsvollen Publikum dem Neuen Raum zu geben. Auf Niels Gades romantisches Streichquartett-Fragment "Willkommen und Abschied" hätte man dafür gerne verzichtet.
Rezension für die Stuttgarter Nachrichten vom 25.10.2010. Das Konzert fand statt am 22.10.
eduarda - 25. Okt, 13:14