Leuchtende Schönheit
Frieder Bernius und der Stuttgarter Kammerchor in der Markuskirche
Stuttgart - Alle Musik sei in ihrem Innersten religiös, sagte Arvo Pärt einmal. Die beiden tiefgläubigen Komponisten Sofia Gubaidulina und Krzysztof Penderecki würden dem wohl nicht widersprechen. Geistliche Musik für gemischten Chor von allen drei Tonkünstlern stand auf dem Programm des Sonntagnachmittagskonzerts von Frieder Bernius und seinem Kammerchor in der Markuskirche. Musik, die außerordentlich gut miteinander harmonierte, wie sich zeigte.
Zunächst offenbarte das Ensemble aber seine in diversen Mendelssohn-Einspielungen dokumentierte Affinität zur romantischen Chorästhetik. Otto Nicolais Psalmvertonungen erblühten in dynamisch und farblich fein austariertem Schönklang – von den sehr reinen Sopranstimmen bis zu den sonor vibrierenden Bässen.
Dazu kontrastierend Pendereckis kraftvoll-dramatisches "Agnus Dei" von 1981, Bekenntnismusik, in der der Komponist um seinen Freund Kardinal Stefan Wyszynski trauerte. In Pärts streng strukturiertem "Nunc dimittis", geschrieben 2001 auf die biblischen Worte Simeons beim Anblick des kleinen Jesus, fügten sich die Stimmen der zwölf Choristen und dreizehn Choristinnen in wohliger Homogenität zusammen und brachten das fassliche und unaufgeregte Werk zu spirituellem Leuchten.
Interessantestes Stück war aber Gubaidulinas "Sonnengesang" von 1997 auf Franz von Assisis berühmten Hymnus auf die Wunder der Schöpfung. Zusammen mit den Perkussionisten Brian Archinal und Ryan Nestor sowie Juris Teichmanis am Solocello gelang Bernius und dem Kammerchor eine in allen Details spannende Aufführung. Seinen Reiz gewinnt das Werk in der Gegenüberstellung von Chor – der zwischen rituell-meditativer Gleichförmigkeit und theatral-malender Textausdeutung wechselt – und Solocello, das gleichsam als emotional bewegtes Ich des Sonnenbesingers die Grenzen seines Instruments auslotet: inklusive absichtlichem Verstimmen der Saiten und dem Traktieren des Korpus mit einem chinesischen Essstäbchen. Derweil setzten die Perkussionisten effektvolle Akzente, etwa indem sie Weingläser zum Singen brachten. Ein standesgemäßer Glückwunsch an die Komponistin, die am 24. Oktober 80 Jahre alt wurde.
Rezension für die Eßlinger Zeitung und die Stuttgarter Nachrichten vom 25.10. Das Konzert fand statt am 23.10.
Stuttgart - Alle Musik sei in ihrem Innersten religiös, sagte Arvo Pärt einmal. Die beiden tiefgläubigen Komponisten Sofia Gubaidulina und Krzysztof Penderecki würden dem wohl nicht widersprechen. Geistliche Musik für gemischten Chor von allen drei Tonkünstlern stand auf dem Programm des Sonntagnachmittagskonzerts von Frieder Bernius und seinem Kammerchor in der Markuskirche. Musik, die außerordentlich gut miteinander harmonierte, wie sich zeigte.
Zunächst offenbarte das Ensemble aber seine in diversen Mendelssohn-Einspielungen dokumentierte Affinität zur romantischen Chorästhetik. Otto Nicolais Psalmvertonungen erblühten in dynamisch und farblich fein austariertem Schönklang – von den sehr reinen Sopranstimmen bis zu den sonor vibrierenden Bässen.
Dazu kontrastierend Pendereckis kraftvoll-dramatisches "Agnus Dei" von 1981, Bekenntnismusik, in der der Komponist um seinen Freund Kardinal Stefan Wyszynski trauerte. In Pärts streng strukturiertem "Nunc dimittis", geschrieben 2001 auf die biblischen Worte Simeons beim Anblick des kleinen Jesus, fügten sich die Stimmen der zwölf Choristen und dreizehn Choristinnen in wohliger Homogenität zusammen und brachten das fassliche und unaufgeregte Werk zu spirituellem Leuchten.
Interessantestes Stück war aber Gubaidulinas "Sonnengesang" von 1997 auf Franz von Assisis berühmten Hymnus auf die Wunder der Schöpfung. Zusammen mit den Perkussionisten Brian Archinal und Ryan Nestor sowie Juris Teichmanis am Solocello gelang Bernius und dem Kammerchor eine in allen Details spannende Aufführung. Seinen Reiz gewinnt das Werk in der Gegenüberstellung von Chor – der zwischen rituell-meditativer Gleichförmigkeit und theatral-malender Textausdeutung wechselt – und Solocello, das gleichsam als emotional bewegtes Ich des Sonnenbesingers die Grenzen seines Instruments auslotet: inklusive absichtlichem Verstimmen der Saiten und dem Traktieren des Korpus mit einem chinesischen Essstäbchen. Derweil setzten die Perkussionisten effektvolle Akzente, etwa indem sie Weingläser zum Singen brachten. Ein standesgemäßer Glückwunsch an die Komponistin, die am 24. Oktober 80 Jahre alt wurde.
Rezension für die Eßlinger Zeitung und die Stuttgarter Nachrichten vom 25.10. Das Konzert fand statt am 23.10.
eduarda - 25. Okt, 10:38