Am Ende in klanglicher Balance
Das Stuttgarter Kammerorchester mit dem Barockexperten Fabio Biondi in der Stuttgarter Liederhalle
Stuttgart - Applaus nach dem ersten Satz zeugt in Stuttgart selten von völliger Ahnungslosigkeit in Sachen Konzertriten. So hatte auch das verfrühte Klatschen einiger Zuhörer, das im jüngsten Konzert des Stuttgarter Kammerorchesters (SKO) im Mozartsaal Pietro Nardinis Violinkonzert op. 1,1 unterbrach, seinen Ursprung wohl im unbedingten Willen, spontane Begeisterung über die mitreißende Interpretation eines packenden Stücks zu bekunden.
Die noch dem Barock verpflichtete Sprache Nardinis, sein rhythmischer Drive, seine zündende Harmonik und eingängige Melodik wurden vom SKO und dem Geiger Fabio Biondi, der diesen Abend mit Werken des Barock und der Frühklassik als Gast vom Konzertmeisterpult aus leitete, leicht, luftig, beweglich und präzise umgesetzt. Und Biondi als Solist zelebrierte nun seine ganze Kunst der subtilen Phrasierung, des detailreichen Spiels, einer avantgardistisch anmutenden Farbensuche und -findung. Die virtuose Palette an Läufen, Trillern, Doppelgriffen verliert bei ihm dank gelenkigster Bogenführung alles rein Artifizielle, wird zum Spiel von Schatten und Licht. Ein Ton, in dem es zwar auch, aber nicht nur um Schönheit geht, der flüstern, auch heiser hauchen und dann sehr plötzlich explodieren kann.
Nardinis Violinkonzert beendete den Abend. Jetzt befanden sich Solist und Orchester in perfekter klanglicher Balance, man war aufeinander eingespielt. Das war in Vivaldis g-Moll-Violinkonzert RV 319 noch nicht gegeben. Denn Fabio Biondi, der mit seinem Ensemble L‘Europa Galante längst zu den bedeutenden europäischen Protagonisten der historischen Aufführungspraxis gehört, spielte seine Violine mit Barockbogen. Und der produziert wegen seiner besonderen Krümmung, seines geringeren Gewichts und einer schüttereren Haarbespannung obertonreichere, aber eben auch viel leisere Töne als heutige Bogen. Und da das SKO leider die moderne Variante benutzte, verschmolz Biondis Spiel an manchen Stellen zu sehr mit dem brillant-breiten Sound des Kollektivs und wirkte zu matt - zumal das SKO als nichtspezialisiertes Ensemble mit der quirligen Beweglichkeit und feinnervigen Dynamik Biondis nicht wirklich mithalten konnte.
Solche Dinge fielen im Concerto grosso op. 3,3 von Francesco Geminiani naturgemäß weniger ins Gewicht. Und dass in Gaetano Pugnanis B-Dur-Sinfonia der pointiert gesetzte kollektive Schlusszupfer zum aufregendsten Ereignis wurde, mag auch mit der Qualität des Stücks zusammenhängen. Dagegen brachte das SKO in der Sinfonia Nr. 21 KV 134 des jugendlichen Mozart, inspiriert durch die Klangfantasie Biondis, die musikalischen Knospen zum Blühen: luftig-lustiges Pulsieren ebenso wie orchestrale Polyphonie.
Besprechung für die Eßlinger Zeitung von heute. Das Konzert fand statt am 1. März.
Stuttgart - Applaus nach dem ersten Satz zeugt in Stuttgart selten von völliger Ahnungslosigkeit in Sachen Konzertriten. So hatte auch das verfrühte Klatschen einiger Zuhörer, das im jüngsten Konzert des Stuttgarter Kammerorchesters (SKO) im Mozartsaal Pietro Nardinis Violinkonzert op. 1,1 unterbrach, seinen Ursprung wohl im unbedingten Willen, spontane Begeisterung über die mitreißende Interpretation eines packenden Stücks zu bekunden.
Die noch dem Barock verpflichtete Sprache Nardinis, sein rhythmischer Drive, seine zündende Harmonik und eingängige Melodik wurden vom SKO und dem Geiger Fabio Biondi, der diesen Abend mit Werken des Barock und der Frühklassik als Gast vom Konzertmeisterpult aus leitete, leicht, luftig, beweglich und präzise umgesetzt. Und Biondi als Solist zelebrierte nun seine ganze Kunst der subtilen Phrasierung, des detailreichen Spiels, einer avantgardistisch anmutenden Farbensuche und -findung. Die virtuose Palette an Läufen, Trillern, Doppelgriffen verliert bei ihm dank gelenkigster Bogenführung alles rein Artifizielle, wird zum Spiel von Schatten und Licht. Ein Ton, in dem es zwar auch, aber nicht nur um Schönheit geht, der flüstern, auch heiser hauchen und dann sehr plötzlich explodieren kann.
Nardinis Violinkonzert beendete den Abend. Jetzt befanden sich Solist und Orchester in perfekter klanglicher Balance, man war aufeinander eingespielt. Das war in Vivaldis g-Moll-Violinkonzert RV 319 noch nicht gegeben. Denn Fabio Biondi, der mit seinem Ensemble L‘Europa Galante längst zu den bedeutenden europäischen Protagonisten der historischen Aufführungspraxis gehört, spielte seine Violine mit Barockbogen. Und der produziert wegen seiner besonderen Krümmung, seines geringeren Gewichts und einer schüttereren Haarbespannung obertonreichere, aber eben auch viel leisere Töne als heutige Bogen. Und da das SKO leider die moderne Variante benutzte, verschmolz Biondis Spiel an manchen Stellen zu sehr mit dem brillant-breiten Sound des Kollektivs und wirkte zu matt - zumal das SKO als nichtspezialisiertes Ensemble mit der quirligen Beweglichkeit und feinnervigen Dynamik Biondis nicht wirklich mithalten konnte.
Solche Dinge fielen im Concerto grosso op. 3,3 von Francesco Geminiani naturgemäß weniger ins Gewicht. Und dass in Gaetano Pugnanis B-Dur-Sinfonia der pointiert gesetzte kollektive Schlusszupfer zum aufregendsten Ereignis wurde, mag auch mit der Qualität des Stücks zusammenhängen. Dagegen brachte das SKO in der Sinfonia Nr. 21 KV 134 des jugendlichen Mozart, inspiriert durch die Klangfantasie Biondis, die musikalischen Knospen zum Blühen: luftig-lustiges Pulsieren ebenso wie orchestrale Polyphonie.
Besprechung für die Eßlinger Zeitung von heute. Das Konzert fand statt am 1. März.
eduarda - 4. Mär, 08:45