Zu Unrecht völlig vergessen
Stuttgarter Kammerorchester und Florian Uhlig in der Leitung Joshua Weilersteins im Stuttgarter Theaterhaus
Stuttgart - Das Stuttgarter Kammerorchester (SKO) ist ein gut eingespieltes Team. Wie alle Streichorchester von überschaubarer Größe, kann es im Grunde genommen ohne Dirigenten agieren. Der junge US-amerikanische Dirigent Joshua Weilerstein, der das SKO jetzt im voll besetzten großen Saal des Stuttgarter Theaterhauses leitete, sieht das offenbar anders. Als stände er vor den New Yorker Philharmonikern, dessen stellvertretender Leiter er ist, spielte er den 18 Musikern in einer Mischung aus Turnen, Ballett und Tai Chi jede Emotion, jede Phrasierung, jede Betonung pantomimisch so übertrieben vor, dass unfreiwillige Komik nicht ausblieb. Sein lautes Schnaufen, Hüpfen und Springen, sein ekstatisches Armschwingen und -schleudern, mit dem er dem SKO auf den Leib rückte, lenkte nicht nur von der Sache ab, sondern sperrte den Klang ein. Am stärksten in Tschaikowskys eigentlich leichter, luftiger, melancholischer Serenade op. 48, in der Weilerstein einen emotionalen Überdruck einforderte, als sei sie ein Heldenepos. Deren Walzer durfte sich erst in der Zugabe frei entfalten und duftig schwingen, als Weilerstein – weil er offenbar an der Absprache dieser Wiederholung nicht beteiligt gewesen war – das Orchester alleine spielen lassen musste und jetzt Konzertmeister Adrian Iliescu die Leitung übernahm. Zufall? Oder ein selbstbefreiender Schlag?
Dennoch dürfte sich der Besuch dieses Konzerts gelohnt haben, weil hier ein zu Unrecht völlig vergessenes Werk zu hören war: Das klassisch dreisätzige Klavierkonzert op. 41 des finnischen Komponisten Uuno Klami (1900-1961), dessen moderne Tonsprache Einflüsse Ravels, Strawinskys und Bartóks verrät. Florian Uhlig ließ sich am Flügel von den Sperenzien des jungen Dirigenten nicht aus der Fassung bringen und spielte konzentriert und klar, expressiv und virtuos überlegen. In Erinnerung wird vor allem das ungemein quirlige, draufgängerisch pulsierende, groteske Finale bleiben.
Besprechung für die Stuttgarter Nachrichten vom 16. April 2013. Das Konzert fand statt am 14. April.
Stuttgart - Das Stuttgarter Kammerorchester (SKO) ist ein gut eingespieltes Team. Wie alle Streichorchester von überschaubarer Größe, kann es im Grunde genommen ohne Dirigenten agieren. Der junge US-amerikanische Dirigent Joshua Weilerstein, der das SKO jetzt im voll besetzten großen Saal des Stuttgarter Theaterhauses leitete, sieht das offenbar anders. Als stände er vor den New Yorker Philharmonikern, dessen stellvertretender Leiter er ist, spielte er den 18 Musikern in einer Mischung aus Turnen, Ballett und Tai Chi jede Emotion, jede Phrasierung, jede Betonung pantomimisch so übertrieben vor, dass unfreiwillige Komik nicht ausblieb. Sein lautes Schnaufen, Hüpfen und Springen, sein ekstatisches Armschwingen und -schleudern, mit dem er dem SKO auf den Leib rückte, lenkte nicht nur von der Sache ab, sondern sperrte den Klang ein. Am stärksten in Tschaikowskys eigentlich leichter, luftiger, melancholischer Serenade op. 48, in der Weilerstein einen emotionalen Überdruck einforderte, als sei sie ein Heldenepos. Deren Walzer durfte sich erst in der Zugabe frei entfalten und duftig schwingen, als Weilerstein – weil er offenbar an der Absprache dieser Wiederholung nicht beteiligt gewesen war – das Orchester alleine spielen lassen musste und jetzt Konzertmeister Adrian Iliescu die Leitung übernahm. Zufall? Oder ein selbstbefreiender Schlag?
Dennoch dürfte sich der Besuch dieses Konzerts gelohnt haben, weil hier ein zu Unrecht völlig vergessenes Werk zu hören war: Das klassisch dreisätzige Klavierkonzert op. 41 des finnischen Komponisten Uuno Klami (1900-1961), dessen moderne Tonsprache Einflüsse Ravels, Strawinskys und Bartóks verrät. Florian Uhlig ließ sich am Flügel von den Sperenzien des jungen Dirigenten nicht aus der Fassung bringen und spielte konzentriert und klar, expressiv und virtuos überlegen. In Erinnerung wird vor allem das ungemein quirlige, draufgängerisch pulsierende, groteske Finale bleiben.
Besprechung für die Stuttgarter Nachrichten vom 16. April 2013. Das Konzert fand statt am 14. April.
eduarda - 17. Apr, 12:16