48 Saiten für ein Hallelujah
Die 12 Cellisten der Berliner Philharmoniker beim Musikfest Stuttgart
Stuttgart – In Claude Debussys "Versunkener Kathedrale", dem Bezugspunkt ihres Auftritts zum Musikfest-Thema "Wasser", kamen die besonderen Klangmöglichkeiten der 12 Cellisten der Berliner Philharmoniker an diesem Abend im ausverkauften Mozartsaal der Liederhalle vielleicht am besten zur Geltung: In dieser Adaption von Debussys impressionistischem Klavierstück offenbarte sich die Varianz an Farben, mit der sich ein sinfonisches Universum allein durch Violoncelli überraschenderweise aufbauen lässt, am eindrücklichsten. Celli unterscheiden sich anscheinend im Klangcharakter untereinander stärker als Violinen, Kontrabässe oder Bratschen.
Zuvor hatte sich in vier ausgewählten Kontrapunkten aus Johann Sebastian Bachs "Kunst der Fuge" allerdings die Schwierigkeit für Cellisten, in den oberen Lagen homogen und rein zusammenzuspielen, zu deutlich gezeigt. Ein ziemlich schräges Ständchen für den Hausgott der Bachakademie hörte man, das noch einige Proben gut vertragen hätte. Barocke Polyphonie ist aber auch nicht das Repertoire, mit dem die 12 Cellisten gewöhnlich in Erscheinung treten. Sie frönen eher dem 20. Jahrhundert: So klappte es mit einem anderen Ständchen, "Aubade", das der Komponist Jean Français dem Ensemble einst auf den Leib geschrieben hat, schon viel besser: Etwa im finalen Presto, das von der Geräuschkulisse eines Autorennens inspiriert ist.
Leidenschaftlich bewegt widmete sich das Ensemble auch Jazzigem wie Duke Ellingtons "Caravan", Spirituals wie "Deep river" und vor allem dem französischen Chanson. Keine Frage: Melodienseligkeit und der beschwingte Rhythmus des Musette-Walzers, wie sie etwa in Hubert Girauds "Sous le ciel de Paris" zur Entfaltung kommen, oder Effekte wie das in diesem Falle absichtliche Unreinspielen zwecks Imitation einer verstimmten alten Drehorgel wie in Vincent Scottos "Sous les ponts de Paris" liegen den Berlinern. Mitreißend gelangen auch die Ausflüge in die Filmmusik, etwa Ennio Morricones besonders effektvoll arrangiertes "Spiel mir das Lied vom Tod" als Zugabe. Erstaunlich, wie perfekt sich das gedehnte, unheilvoll und geisterhaft säuselnde Mundharmonikasolo des Soundtracks in die Klangwelt des Cello-Orchesters übertragen lässt. Ein Meisterwerk des Arrangements – leider wurde der Urheber nicht genannt.
Auf dem vielseitigen Programm der eingespielten Truppe stand aber auch Neue Musik: Mit Kaija Saariahos "Neiges" (Schnee) zeichnete sie streichend, zupfend, klopfend feine Klangbilder: starre, flächige, knirschende und blau-kalte Gebilde, die einem Assoziationen an Eisblumen und Eiszapfen fast zwangsweise in den Sinn brachten.
So effektvoll und unterhaltend das Programm ohne Zweifel war, mit dem die 12 Cellisten ihr Publikum schon bald in der Tasche hatten, das am Ende frenetisch jubelnd drei Zugaben einforderte – bewundernswert erscheint vor allem eines: dass sich ein Orchester eine so derart vielseitige und virtuose Cellistengruppe in dieser Größenordnung leisten kann. Was für ein Luxus!
Rezension für die Eßlinger Zeitung von heute. Das Konzert fand statt am 5. September.
Stuttgart – In Claude Debussys "Versunkener Kathedrale", dem Bezugspunkt ihres Auftritts zum Musikfest-Thema "Wasser", kamen die besonderen Klangmöglichkeiten der 12 Cellisten der Berliner Philharmoniker an diesem Abend im ausverkauften Mozartsaal der Liederhalle vielleicht am besten zur Geltung: In dieser Adaption von Debussys impressionistischem Klavierstück offenbarte sich die Varianz an Farben, mit der sich ein sinfonisches Universum allein durch Violoncelli überraschenderweise aufbauen lässt, am eindrücklichsten. Celli unterscheiden sich anscheinend im Klangcharakter untereinander stärker als Violinen, Kontrabässe oder Bratschen.
Zuvor hatte sich in vier ausgewählten Kontrapunkten aus Johann Sebastian Bachs "Kunst der Fuge" allerdings die Schwierigkeit für Cellisten, in den oberen Lagen homogen und rein zusammenzuspielen, zu deutlich gezeigt. Ein ziemlich schräges Ständchen für den Hausgott der Bachakademie hörte man, das noch einige Proben gut vertragen hätte. Barocke Polyphonie ist aber auch nicht das Repertoire, mit dem die 12 Cellisten gewöhnlich in Erscheinung treten. Sie frönen eher dem 20. Jahrhundert: So klappte es mit einem anderen Ständchen, "Aubade", das der Komponist Jean Français dem Ensemble einst auf den Leib geschrieben hat, schon viel besser: Etwa im finalen Presto, das von der Geräuschkulisse eines Autorennens inspiriert ist.
Leidenschaftlich bewegt widmete sich das Ensemble auch Jazzigem wie Duke Ellingtons "Caravan", Spirituals wie "Deep river" und vor allem dem französischen Chanson. Keine Frage: Melodienseligkeit und der beschwingte Rhythmus des Musette-Walzers, wie sie etwa in Hubert Girauds "Sous le ciel de Paris" zur Entfaltung kommen, oder Effekte wie das in diesem Falle absichtliche Unreinspielen zwecks Imitation einer verstimmten alten Drehorgel wie in Vincent Scottos "Sous les ponts de Paris" liegen den Berlinern. Mitreißend gelangen auch die Ausflüge in die Filmmusik, etwa Ennio Morricones besonders effektvoll arrangiertes "Spiel mir das Lied vom Tod" als Zugabe. Erstaunlich, wie perfekt sich das gedehnte, unheilvoll und geisterhaft säuselnde Mundharmonikasolo des Soundtracks in die Klangwelt des Cello-Orchesters übertragen lässt. Ein Meisterwerk des Arrangements – leider wurde der Urheber nicht genannt.
Auf dem vielseitigen Programm der eingespielten Truppe stand aber auch Neue Musik: Mit Kaija Saariahos "Neiges" (Schnee) zeichnete sie streichend, zupfend, klopfend feine Klangbilder: starre, flächige, knirschende und blau-kalte Gebilde, die einem Assoziationen an Eisblumen und Eiszapfen fast zwangsweise in den Sinn brachten.
So effektvoll und unterhaltend das Programm ohne Zweifel war, mit dem die 12 Cellisten ihr Publikum schon bald in der Tasche hatten, das am Ende frenetisch jubelnd drei Zugaben einforderte – bewundernswert erscheint vor allem eines: dass sich ein Orchester eine so derart vielseitige und virtuose Cellistengruppe in dieser Größenordnung leisten kann. Was für ein Luxus!
Rezension für die Eßlinger Zeitung von heute. Das Konzert fand statt am 5. September.
eduarda - 6. Sep, 22:32