Frischer Wind mit der nimmersatten Liebe
Der Tenor Werner Güra mit einem Liederabend bei der Hugo-Wolf-Akademie
Stuttgart - Werner Güra ist ein lyrischer Tenor von hohem Rang: Kunstliedexperte mit weichem, sattem, warmem Timbre und bemerkenswert deutlicher Textartikulation. Dass ihm reiche Farben über seinen gesamten Stimmumfang zur Verfügung stehen, davon konnte man sich auch jetzt beim Liederrezital der Internationalen Hugo-Wolf-Akademie in der Stuttgarter Staatsgalerie einen Eindruck verschaffen. Einzig bei den höchsten Tönen zeigte Güra leichte Schwächen; hier kraftstrotzte er ein wenig oder ließ sie in plötzlicher Zaghaftigkeit tonlos verglimmen.
Ausdrucksvoll ist Güras Stimme immer, keine Frage. Doch was die Gestaltung der Lieder, was die Textausdeutung betrifft, dürfte man von einem Sänger dieses Ranges ein bisschen mehr erwarten, als er an diesem Abend mit Liedern der französischen Romantiker Reynaldo Hahn und Henri Duparc sowie Franz Schuberts und Hugo Wolfs zu bieten bereit war. Hahns barockisierendes „À Chloris“ oder Duparcs „Extase“ - sinnliche, emotionale Farbenstücke - gerieten zu schönen, aber viel zu abgeklärten Stimmungsbildern. Und durch die innere Gelassenheit, die Güra über weite Strecken an den Tag legte, fehlte Schuberts „Alinde“ oder „Der Fischer“ der spannungsvolle Aufbau.
Eine gewisse Gleichförmigkeit in der Gestaltung überlebte die Pause und ging dann auf Hugo Wolfs Mörike-Vertonungen über. Erst im Lied über die „Nimmersatte Liebe“, die „mit Küssen nicht zu stillen“ ist, kam plötzlich ein frisches Lüftchen auf in der schläfrigen Atmosphäre des Abends. Jetzt war Ironie, Witz, Humor angesagt, jetzt zeigte Güra endlich differenzierende Gestaltungsfreude durch musikalische Zuspitzung, leichte Übertreibung, Stimmverstellung und brachte dadurch das Publikum wenn nicht zum Lachen, so doch zum Schmunzeln: ob im „Tambour“, in dem ein hungernder Regimentstrommler sich die Schmankerl der mütterlichen Küche herbeiträumt, oder in der „Storchenbotschaft“, in der der Klapperstorch die Schäfersfamilie gleich im Doppelpack besucht und dementsprechend Zwillinge zurücklässt.
Begleitet wurde Güra von seinem langjährigen Klavierpartner Christoph Berner: ein Mann mit Sinn für die kontrapunktische Funktion des Klaviers, fähig zu französischem Farbenrausch ebenso wie zu klassischer Klarheit und zu witzigen Tonmalereien.
Dass die Klangbalance zwischen Pianist und Sänger nicht immer stimmte, dass Berner gelegentlich etwas zu laut wurde, mag an der problematischen Akustik des Vortragsraumes in der Stuttgarter Staatsgalerie gelegen haben - ohnehin ein Ort, der auch atmosphärisch nicht wirklich für einen Konzertabend geeignet scheint.
Rezension für die Eßlinger Zeitung vom 16.2.2013. Das Konzert fand statt am 14.2.
Stuttgart - Werner Güra ist ein lyrischer Tenor von hohem Rang: Kunstliedexperte mit weichem, sattem, warmem Timbre und bemerkenswert deutlicher Textartikulation. Dass ihm reiche Farben über seinen gesamten Stimmumfang zur Verfügung stehen, davon konnte man sich auch jetzt beim Liederrezital der Internationalen Hugo-Wolf-Akademie in der Stuttgarter Staatsgalerie einen Eindruck verschaffen. Einzig bei den höchsten Tönen zeigte Güra leichte Schwächen; hier kraftstrotzte er ein wenig oder ließ sie in plötzlicher Zaghaftigkeit tonlos verglimmen.
Ausdrucksvoll ist Güras Stimme immer, keine Frage. Doch was die Gestaltung der Lieder, was die Textausdeutung betrifft, dürfte man von einem Sänger dieses Ranges ein bisschen mehr erwarten, als er an diesem Abend mit Liedern der französischen Romantiker Reynaldo Hahn und Henri Duparc sowie Franz Schuberts und Hugo Wolfs zu bieten bereit war. Hahns barockisierendes „À Chloris“ oder Duparcs „Extase“ - sinnliche, emotionale Farbenstücke - gerieten zu schönen, aber viel zu abgeklärten Stimmungsbildern. Und durch die innere Gelassenheit, die Güra über weite Strecken an den Tag legte, fehlte Schuberts „Alinde“ oder „Der Fischer“ der spannungsvolle Aufbau.
Eine gewisse Gleichförmigkeit in der Gestaltung überlebte die Pause und ging dann auf Hugo Wolfs Mörike-Vertonungen über. Erst im Lied über die „Nimmersatte Liebe“, die „mit Küssen nicht zu stillen“ ist, kam plötzlich ein frisches Lüftchen auf in der schläfrigen Atmosphäre des Abends. Jetzt war Ironie, Witz, Humor angesagt, jetzt zeigte Güra endlich differenzierende Gestaltungsfreude durch musikalische Zuspitzung, leichte Übertreibung, Stimmverstellung und brachte dadurch das Publikum wenn nicht zum Lachen, so doch zum Schmunzeln: ob im „Tambour“, in dem ein hungernder Regimentstrommler sich die Schmankerl der mütterlichen Küche herbeiträumt, oder in der „Storchenbotschaft“, in der der Klapperstorch die Schäfersfamilie gleich im Doppelpack besucht und dementsprechend Zwillinge zurücklässt.
Begleitet wurde Güra von seinem langjährigen Klavierpartner Christoph Berner: ein Mann mit Sinn für die kontrapunktische Funktion des Klaviers, fähig zu französischem Farbenrausch ebenso wie zu klassischer Klarheit und zu witzigen Tonmalereien.
Dass die Klangbalance zwischen Pianist und Sänger nicht immer stimmte, dass Berner gelegentlich etwas zu laut wurde, mag an der problematischen Akustik des Vortragsraumes in der Stuttgarter Staatsgalerie gelegen haben - ohnehin ein Ort, der auch atmosphärisch nicht wirklich für einen Konzertabend geeignet scheint.
Rezension für die Eßlinger Zeitung vom 16.2.2013. Das Konzert fand statt am 14.2.
eduarda - 16. Feb, 16:17