Im Bett des falschen Mannes
Neujahrskonzert des Staatsorchesters mit Gabriele Ferro in der Stuttgarter Staatsoper
Stuttgart – Mit seinem am Ende umjubelten Konzert läutete das Stuttgarter Staatsorchester am frühen Sonntagabend das Neue Jahr ein – diesmal nicht im Orchestergraben, sondern als Protagonist auf der Bühne der ausverkauften Staatsoper. Der begeisterte, sehr lange Schlussapplaus darf wohl vor allem als eine warme Zuneigungsbekundung für den italienischen Dirigenten Gabriele Ferro gedeutet werden, der von 1992 bis 1997 Musikchef des Hauses am Eckensee war. Die Dramaturgie des Abends, die sich durch das eher schwammige Motto "Neujahrsnacht – und -Frühstücke" ergeben sollte, stellte derweil nur schwache Zusammenhänge her.
Zunächst standen zwei Opern-Ouvertüren Gioachino Rossinis auf dem Programm. Rossini-Ouvertüren gehören zu den Lieblingen des Konzertsaals. Das liegt an ihren brillanten, eingängigen Melodien, den mitreißenden Orchestercrescendi, der witzigen Rhythmik, der raffinierten Instrumentierung. Einfach zu spielen ist das nicht. Dass sie an diesem Abend nicht wirklich zünden wollten, lag am fehlenden Spannungsbogen, den Ferro nicht straff genug hielt.
Gut geprobt wirkte weder die Ouvertüre zu "La scala di seta" noch jene zu "Semiramide". Beiden mangelte es an geschmeidiger Dynamik, genauer Artikulation und pointiertem Rossini-Witz. Verwirrung stiftete die Semiramide-Ouvertüre bei ihrem zweiten Auftreten als Zugabe. Sie klang nun so anders, dass manch einer im Raum dachte, er höre ein drittes Beispiel Rossini'scher Ouvertüren-Kultur.
Als Vorgeschmack auf die bevorstehende Premiere am 22. Januar, die Gabriele Ferro derzeit am Haus einstudiert, gab's einen Ausschnitt aus Vincenzo Bellinis "La Sonnambula". Ana Durlovski, seit dieser Spielzeit Ensemblemitglied, sang die finale Szene und Arie der Hauptperson Amida, der in dieser Oper Liebesgram widerfährt, weil sie schlafwandelnd ungewollt im Bett des falschen Mannes landete. Die Koloratursopranistin gestaltete mit sicherer Höhe und großem Gefühl, derweil sich das Probestadium in ihrer gelegentlich noch zu vorsichtigen Zurückhaltung zeigte. Vom eigentlichen Potential des Orchesters war am Ende des ersten Teils noch nicht viel zu hören gewesen.
Das änderte sich nach der Pause. In Maurice Ravels "Alborada del Gracioso" und Igor Strawinskys "Feuervogel"-Suite offenbarte das Staatsorchester Farbkraft und rhythmische Flexibilität, doch auch hier sackte die Spannungskurve immer wieder ab. Vor allem in den langsamen Tempi löste sich die vorher sorgsam erspielte Energie in Luft auf, Schläfrigkeit breitete sich aus. Das kann das Staatsorchester eigentlich viel, viel besser.
Rezension für die Stuttgarter Nachrichten und die Eßlinger Zeitung von heute. Das Konzert fand statt am 1.1.
Stuttgart – Mit seinem am Ende umjubelten Konzert läutete das Stuttgarter Staatsorchester am frühen Sonntagabend das Neue Jahr ein – diesmal nicht im Orchestergraben, sondern als Protagonist auf der Bühne der ausverkauften Staatsoper. Der begeisterte, sehr lange Schlussapplaus darf wohl vor allem als eine warme Zuneigungsbekundung für den italienischen Dirigenten Gabriele Ferro gedeutet werden, der von 1992 bis 1997 Musikchef des Hauses am Eckensee war. Die Dramaturgie des Abends, die sich durch das eher schwammige Motto "Neujahrsnacht – und -Frühstücke" ergeben sollte, stellte derweil nur schwache Zusammenhänge her.
Zunächst standen zwei Opern-Ouvertüren Gioachino Rossinis auf dem Programm. Rossini-Ouvertüren gehören zu den Lieblingen des Konzertsaals. Das liegt an ihren brillanten, eingängigen Melodien, den mitreißenden Orchestercrescendi, der witzigen Rhythmik, der raffinierten Instrumentierung. Einfach zu spielen ist das nicht. Dass sie an diesem Abend nicht wirklich zünden wollten, lag am fehlenden Spannungsbogen, den Ferro nicht straff genug hielt.
Gut geprobt wirkte weder die Ouvertüre zu "La scala di seta" noch jene zu "Semiramide". Beiden mangelte es an geschmeidiger Dynamik, genauer Artikulation und pointiertem Rossini-Witz. Verwirrung stiftete die Semiramide-Ouvertüre bei ihrem zweiten Auftreten als Zugabe. Sie klang nun so anders, dass manch einer im Raum dachte, er höre ein drittes Beispiel Rossini'scher Ouvertüren-Kultur.
Als Vorgeschmack auf die bevorstehende Premiere am 22. Januar, die Gabriele Ferro derzeit am Haus einstudiert, gab's einen Ausschnitt aus Vincenzo Bellinis "La Sonnambula". Ana Durlovski, seit dieser Spielzeit Ensemblemitglied, sang die finale Szene und Arie der Hauptperson Amida, der in dieser Oper Liebesgram widerfährt, weil sie schlafwandelnd ungewollt im Bett des falschen Mannes landete. Die Koloratursopranistin gestaltete mit sicherer Höhe und großem Gefühl, derweil sich das Probestadium in ihrer gelegentlich noch zu vorsichtigen Zurückhaltung zeigte. Vom eigentlichen Potential des Orchesters war am Ende des ersten Teils noch nicht viel zu hören gewesen.
Das änderte sich nach der Pause. In Maurice Ravels "Alborada del Gracioso" und Igor Strawinskys "Feuervogel"-Suite offenbarte das Staatsorchester Farbkraft und rhythmische Flexibilität, doch auch hier sackte die Spannungskurve immer wieder ab. Vor allem in den langsamen Tempi löste sich die vorher sorgsam erspielte Energie in Luft auf, Schläfrigkeit breitete sich aus. Das kann das Staatsorchester eigentlich viel, viel besser.
Rezension für die Stuttgarter Nachrichten und die Eßlinger Zeitung von heute. Das Konzert fand statt am 1.1.
eduarda - 3. Jan, 12:34