Nix für Wagnerhasser
Das Dieter Ilg Trio bei den Ludwigsburger Schlossfestspielen
Ludwigsburg - Anders als Bach gehört Wagner nicht gerade zu den Lieblingskomponisten der Jazzer. Seine germanisch-heroischen Musikdramen wie auch sein Antisemitismus wollen nicht so recht zum multikulturell geprägten, weltoffenen Jazz passen. Das scheint sich in letzter Zeit und vor allem im laufenden Wagner-Gedenkjahr zu ändern. Und just am 200. Geburtstag des umstrittenen Meisters zeigte das Dieter Ilg Trio dann auch in der Karlskaserne im Rahmen der Ludwigsburger Schlossfestspiele, das dies sehr wohl geht: Wagner mit dem Jazzstil zu fusionieren.
Ausgerechnet Wagners letztes Werk, das weihevolle Erlösungsdrama "Parsifal", hatten sich die drei Musiker vorgenommen, um daraus Motive, Melodien und Harmoniefolgen zu lösen und jazztypisch zu verarbeiten. Ob Liebesmahlthema, Grals- oder Glockenmotiv: Dieter Ilg am Kontrabass, Patrice Héral am Drumset und Rainer Böhm am Steinway sponnen aus den berühmten Extrakten feinsinnig und kunstvoll mal balladeske Jazzprosa, mal skalenträchtiges, virtuos vibrierendes Quecksilber. Ironie blieb in den gut ein Dutzend Nummern in weiter Ferne, die Stimmung ehrfurchtsvoll gedämpft, ja verträumt und kontemplativ. Klanglich dominant war Böhms Tastenbearbeitung, die Wagners Weisen etwas Zärtliches und Introvertiertes verpasste, um sie dann unerhört leicht und durchsichtig zu fragmentieren, zu verwandeln und harmonisch in die Fremde zu schicken. Sehr dezent, Toms und Snare-Drum oft nur mit den Händen traktierend, rhythmisierte Héral das Geschehen. Nur selten ließ er kurz einmal Trommel-Ekstase aufwallen. Ansonsten herrschte Zaubergarten-Atmosphäre, in die hinein Ilg seinen meist geschmeidig gezupften Kontrabass sirrend singen ließ. So zog man "Von Welt zu Welt", gab sich dem "Morgengebet" hin und huldigte der Zeit, die hier zum Raum wird: Sphärisch und schön, aber eher Jazz für Wagnerianer als für Wagnerhasser, denen die anarchische Komponente gefehlt haben dürfte.
Rezension für die Stuttgarter Nachrichten vom 24. Mai 2013. Das Konzert fand statt am 22. Mai.
Ludwigsburg - Anders als Bach gehört Wagner nicht gerade zu den Lieblingskomponisten der Jazzer. Seine germanisch-heroischen Musikdramen wie auch sein Antisemitismus wollen nicht so recht zum multikulturell geprägten, weltoffenen Jazz passen. Das scheint sich in letzter Zeit und vor allem im laufenden Wagner-Gedenkjahr zu ändern. Und just am 200. Geburtstag des umstrittenen Meisters zeigte das Dieter Ilg Trio dann auch in der Karlskaserne im Rahmen der Ludwigsburger Schlossfestspiele, das dies sehr wohl geht: Wagner mit dem Jazzstil zu fusionieren.
Ausgerechnet Wagners letztes Werk, das weihevolle Erlösungsdrama "Parsifal", hatten sich die drei Musiker vorgenommen, um daraus Motive, Melodien und Harmoniefolgen zu lösen und jazztypisch zu verarbeiten. Ob Liebesmahlthema, Grals- oder Glockenmotiv: Dieter Ilg am Kontrabass, Patrice Héral am Drumset und Rainer Böhm am Steinway sponnen aus den berühmten Extrakten feinsinnig und kunstvoll mal balladeske Jazzprosa, mal skalenträchtiges, virtuos vibrierendes Quecksilber. Ironie blieb in den gut ein Dutzend Nummern in weiter Ferne, die Stimmung ehrfurchtsvoll gedämpft, ja verträumt und kontemplativ. Klanglich dominant war Böhms Tastenbearbeitung, die Wagners Weisen etwas Zärtliches und Introvertiertes verpasste, um sie dann unerhört leicht und durchsichtig zu fragmentieren, zu verwandeln und harmonisch in die Fremde zu schicken. Sehr dezent, Toms und Snare-Drum oft nur mit den Händen traktierend, rhythmisierte Héral das Geschehen. Nur selten ließ er kurz einmal Trommel-Ekstase aufwallen. Ansonsten herrschte Zaubergarten-Atmosphäre, in die hinein Ilg seinen meist geschmeidig gezupften Kontrabass sirrend singen ließ. So zog man "Von Welt zu Welt", gab sich dem "Morgengebet" hin und huldigte der Zeit, die hier zum Raum wird: Sphärisch und schön, aber eher Jazz für Wagnerianer als für Wagnerhasser, denen die anarchische Komponente gefehlt haben dürfte.
Rezension für die Stuttgarter Nachrichten vom 24. Mai 2013. Das Konzert fand statt am 22. Mai.
eduarda - 24. Mai, 19:02