Schumann an Klangsoße
Orchestra dell'Accademia Nazionale di Santa Cecilia und der Pianist Jan Lisiecki im Meisterkonzert
Stuttgart - Vielleicht hätte das Orchestra dell'Accademia Nazionale di Santa Cecilia im Meisterkonzert im Beethovensaal statt einer Schumann-Sinfonie lieber die kompletten Enigma-Variationen von Edward Elgar spielen sollen. Im süß klagenden Nimrod-Satz, den es daraus als Zugabe intonierte, ließ Italiens sinfonisches Aushängeschild endlich jene Klangkultur erahnen, für die es offenbar berühmt ist. Es soll ja laut Programmheft Musikexperten geben, die das römische Orchester zu den zehn besten Klangkörpern der Welt zählen. Davon freilich war im eigentlichen Konzert nichts zu hören.
Denn Robert Schumanns Zweite Sinfonie wirkte gestalterisch völlig unbearbeitet. Ohnehin ist es fragwürdig, die Sinfonien gerade dieses Romantikers in einer Riesentourneebesetzung mit über 60 Streichern zu spielen. Sollen ihre kompositorischen Qualitäten hörbar werden, ist höchste strukturelle Transparenz angesagt. Chefdirigent Sir Antonio Pappano, der auch äußerlich durch ziemlich wirr wirkendes Fuchteln nicht gerade den Eindruck machte, einen satzübergreifenden Plan im Kopf zu haben, setzte auf orchestralen Durchgangsverkehr statt auf Tempodramaturgie, dynamische Kontraste, Übergangsgestaltung und vor allem lebendige Phrasierung, also die sinnerfüllte Formung der musikalischen Gedanken. Das Ergebnis war eine langweilende, uninspirierte Klangsoße, die gerade im Adagio dank dickem, klebrigem Streichersound in schier unerträglicher Trägheit erstarrte.
Schumann scheint dem Orchester und seinem Dirigenten nicht zu liegen. Auch im berühmten A-moll-Klavierkonzert gelang es den Italienern nicht, jene Paarung von Poesie und äußerster innerer Gespanntheit herauszuarbeiten, die so typisch ist für Schumanns Klangwelt. Der erst 17-jährige kanadische Pianist Jan Lisiecki profilierte sich zwar durch lyrische Ausdruckskraft und locker-leicht sprudelnde Virtuosität, aber der schlaksige blonde Wuschelkopf verlor sich auch allzu oft in jugendlich zarter Verträumtheit. Wütendes Auftrumpfen erscheint bei ihm noch aufgesetzt, und im Zusammenwirken mit dem müde wirkenden Orchester verpuffte jede innere Spannung schon im Ansatz.
Rezension für die Stuttgarter Nachrichten vom 23.11.2012. Das Konzert fand statt am 21.11.
Stuttgart - Vielleicht hätte das Orchestra dell'Accademia Nazionale di Santa Cecilia im Meisterkonzert im Beethovensaal statt einer Schumann-Sinfonie lieber die kompletten Enigma-Variationen von Edward Elgar spielen sollen. Im süß klagenden Nimrod-Satz, den es daraus als Zugabe intonierte, ließ Italiens sinfonisches Aushängeschild endlich jene Klangkultur erahnen, für die es offenbar berühmt ist. Es soll ja laut Programmheft Musikexperten geben, die das römische Orchester zu den zehn besten Klangkörpern der Welt zählen. Davon freilich war im eigentlichen Konzert nichts zu hören.
Denn Robert Schumanns Zweite Sinfonie wirkte gestalterisch völlig unbearbeitet. Ohnehin ist es fragwürdig, die Sinfonien gerade dieses Romantikers in einer Riesentourneebesetzung mit über 60 Streichern zu spielen. Sollen ihre kompositorischen Qualitäten hörbar werden, ist höchste strukturelle Transparenz angesagt. Chefdirigent Sir Antonio Pappano, der auch äußerlich durch ziemlich wirr wirkendes Fuchteln nicht gerade den Eindruck machte, einen satzübergreifenden Plan im Kopf zu haben, setzte auf orchestralen Durchgangsverkehr statt auf Tempodramaturgie, dynamische Kontraste, Übergangsgestaltung und vor allem lebendige Phrasierung, also die sinnerfüllte Formung der musikalischen Gedanken. Das Ergebnis war eine langweilende, uninspirierte Klangsoße, die gerade im Adagio dank dickem, klebrigem Streichersound in schier unerträglicher Trägheit erstarrte.
Schumann scheint dem Orchester und seinem Dirigenten nicht zu liegen. Auch im berühmten A-moll-Klavierkonzert gelang es den Italienern nicht, jene Paarung von Poesie und äußerster innerer Gespanntheit herauszuarbeiten, die so typisch ist für Schumanns Klangwelt. Der erst 17-jährige kanadische Pianist Jan Lisiecki profilierte sich zwar durch lyrische Ausdruckskraft und locker-leicht sprudelnde Virtuosität, aber der schlaksige blonde Wuschelkopf verlor sich auch allzu oft in jugendlich zarter Verträumtheit. Wütendes Auftrumpfen erscheint bei ihm noch aufgesetzt, und im Zusammenwirken mit dem müde wirkenden Orchester verpuffte jede innere Spannung schon im Ansatz.
Rezension für die Stuttgarter Nachrichten vom 23.11.2012. Das Konzert fand statt am 21.11.
eduarda - 21. Nov, 00:42