So nicht
Helmuth Rilling und das „Deutsche Requiem“ von Brahms in der Stuttgarter Liederhalle
Stuttgart - Was von einem Konzert in Erinnerung bleibt, hängt davon ab, wie sehr einen die Musik, die erklang, getroffen hat. Dass ein Zusammenhang zwischen packendem Hörerlebnis und intensiver Probenarbeit im Vorfeld der Aufführung besteht, dürfte wohl niemand bestreiten. Dementsprechend wirkte Johannes Brahms‘ „Deutsches Requiem“, das in der Abo-Reihe der Stuttgarter Bachakademie im Beethovensaal zu hören war, einfach zu wenig geprobt. So war die Erinnerung an den Abend schon beim Verlassen der Liederhalle verblasst. Man entsann sich gerade noch, dass die beteiligten Ensembles - das Radio-Sinfonieorchester Stuttgart (RSO) und die Gächinger Kantorei - 75 Minuten fröhlich drauflos musiziert hatten.
Helmuth Rilling hatte den Takt angegeben, aber er blieb, was die sinfonische Modellierung und fein abgestufte dynamische Gestaltung des Orchesterparts angeht, zu passiv und setzte zu häufig auf Klangmassierung. Es mangelte an einer zielgerichteten Bündelung der Instrumentenstimmen, so dass das RSO im Klangbild unausgewogen blieb, die Blechbläserfraktion oft zu laut war, die Holzbläser im Gesamtklang verschwanden und die Instrumentensoli flüchtig dahingeworfen wirkten.
Aber auch die Gächinger Kantorei blieb überraschend blass in diesem oft so dramatischen, noch öfter archaisierenden Werk, das ein Chorstück par excellence darstellt. Die Soprane klangen in der Höhe oft leicht eingeschrillt, die einzelnen Stimmgruppen blieben in den Fugen nicht durchgängig hörbar. Insgesamt war der Chorklang zu wenig homogen, so dass gelegentlich sogar einzelne Stimmen deutlich herauszuhören waren. Vom Text, den der Komponist selbst aus Bibelworten zu den Themen Trauer und Jenseitshoffnung zusammengestellt hat, verstand man nur wenig. Vorausgegangene Detailarbeit wurde manchmal spürbar, etwa im inspiriert musizierten und von der Sopranistin Hanna-Elisabeth Müller sicher intonierten „Ihr habt nun Traurigkeit“. Vor allem aber Michael Nagys farblich differenzierende, intensiv und dramatisch gestaltende Baritonstimme offenbarte jene Überzeugungskraft, die man ansonsten vermisste.
Was man von Rillings eindringlichen Bach- und Mendelssohn-Interpretationen gewohnt ist, nämlich genau ausgearbeitete, lebendige Phrasierungen und die demonstrative Veranschaulichung musikalischer Vorgänge - an diesem Abend war davon nur wenig zu hören. Schade, denn das können auch die beteiligen Ensembles eigentlich viel, viel besser.
Rezension für dei Eßlinger Zeitung von heute. Das Konzert fand statt am 10.11.
Stuttgart - Was von einem Konzert in Erinnerung bleibt, hängt davon ab, wie sehr einen die Musik, die erklang, getroffen hat. Dass ein Zusammenhang zwischen packendem Hörerlebnis und intensiver Probenarbeit im Vorfeld der Aufführung besteht, dürfte wohl niemand bestreiten. Dementsprechend wirkte Johannes Brahms‘ „Deutsches Requiem“, das in der Abo-Reihe der Stuttgarter Bachakademie im Beethovensaal zu hören war, einfach zu wenig geprobt. So war die Erinnerung an den Abend schon beim Verlassen der Liederhalle verblasst. Man entsann sich gerade noch, dass die beteiligten Ensembles - das Radio-Sinfonieorchester Stuttgart (RSO) und die Gächinger Kantorei - 75 Minuten fröhlich drauflos musiziert hatten.
Helmuth Rilling hatte den Takt angegeben, aber er blieb, was die sinfonische Modellierung und fein abgestufte dynamische Gestaltung des Orchesterparts angeht, zu passiv und setzte zu häufig auf Klangmassierung. Es mangelte an einer zielgerichteten Bündelung der Instrumentenstimmen, so dass das RSO im Klangbild unausgewogen blieb, die Blechbläserfraktion oft zu laut war, die Holzbläser im Gesamtklang verschwanden und die Instrumentensoli flüchtig dahingeworfen wirkten.
Aber auch die Gächinger Kantorei blieb überraschend blass in diesem oft so dramatischen, noch öfter archaisierenden Werk, das ein Chorstück par excellence darstellt. Die Soprane klangen in der Höhe oft leicht eingeschrillt, die einzelnen Stimmgruppen blieben in den Fugen nicht durchgängig hörbar. Insgesamt war der Chorklang zu wenig homogen, so dass gelegentlich sogar einzelne Stimmen deutlich herauszuhören waren. Vom Text, den der Komponist selbst aus Bibelworten zu den Themen Trauer und Jenseitshoffnung zusammengestellt hat, verstand man nur wenig. Vorausgegangene Detailarbeit wurde manchmal spürbar, etwa im inspiriert musizierten und von der Sopranistin Hanna-Elisabeth Müller sicher intonierten „Ihr habt nun Traurigkeit“. Vor allem aber Michael Nagys farblich differenzierende, intensiv und dramatisch gestaltende Baritonstimme offenbarte jene Überzeugungskraft, die man ansonsten vermisste.
Was man von Rillings eindringlichen Bach- und Mendelssohn-Interpretationen gewohnt ist, nämlich genau ausgearbeitete, lebendige Phrasierungen und die demonstrative Veranschaulichung musikalischer Vorgänge - an diesem Abend war davon nur wenig zu hören. Schade, denn das können auch die beteiligen Ensembles eigentlich viel, viel besser.
Rezension für dei Eßlinger Zeitung von heute. Das Konzert fand statt am 10.11.
eduarda - 12. Nov, 11:23