Zuckende Körper, qualmende Bögen
Das französische Ensemble Quatuor Ebène in der Stuttgarter Liederhalle
Stuttgart - Die Unkenrufe der Klassik-Konzertveranstalter, das Streichquartett sei tot, bestätigen sich in der Realität nicht. Wer am Sonntagabend die Russ-Kammermusikreihe in der Stuttgarter Liederhalle besuchte, konnte mal wieder eine lange Warteschlange an der Abendkasse erblicken. Zu Gast im prall gefüllten Mozartsaal war das französische Quatuor Ebène, ein Ensemble junger Männer, das sicherlich mitverantwortlich ist für den Aufwind, in dem sich die Gattung derzeit befindet. Grund: Homogener Einheitsschönklang war gestern. Heute zählt die klangliche Individualisierung der vier Stimmen. Sie beschert dem Streichquartettsound eine Riesenfarbpalette, die das Quatuor Ebène vorbildlich kultiviert hat - wodurch die Ohren durch knisternde Spannung, hochexpressive innere Bewegtheit und intellektuelle Tiefe durchweg in Bann gehalten werden.
Im B-Dur-Divertimento des 16-jährigen Mozart etwa dominierte ein herber, natürlicher, eher ungeschliffener Klang. Zusammen mit dem ungeheuren rhythmischen Drive, den die vier zuweilen mit zuckenden Körpern und qualmenden Bögen entfachten, verpasste er dem oft so lapidar interpretierten Werkchen einen atemberaubenden inneren Druck.
In Mendelssohns a-Moll-Quartett, dem romantischen Meisterwerk eines 18-Jährigen, sorgte die ständige Abtönung der Klangfarben, die auch mit der Anpassung des Tempos an den Augenblick einherging, für luftige Gewebe, geisterhaftes Flirren, Schatten und Licht. Eine ungeheuer intensive Interpretation, fein ausgearbeitet bis ins Detail. Jubel und Bravorufe deshalb schon vor der Pause. Da stand Beethovens spätes Quartett op. 132 noch bevor, in dem der dritte, meditativ überlange Satz - der 'Heilige Dankgesang' - von Raphaël Merlin am Cello, Bratschist Mathieu Herzog und den beiden Geigern Pierre Colombet und Gabriel Le Magadure, die sich an diesem Abend als Primarius abwechselten, in eine irisierende Klangstudie verwandelt wurde.
Rezension für die Stuttgarter Nachrichten vom 19.2.2013. Das Konzert fand statt am 17.2.
Stuttgart - Die Unkenrufe der Klassik-Konzertveranstalter, das Streichquartett sei tot, bestätigen sich in der Realität nicht. Wer am Sonntagabend die Russ-Kammermusikreihe in der Stuttgarter Liederhalle besuchte, konnte mal wieder eine lange Warteschlange an der Abendkasse erblicken. Zu Gast im prall gefüllten Mozartsaal war das französische Quatuor Ebène, ein Ensemble junger Männer, das sicherlich mitverantwortlich ist für den Aufwind, in dem sich die Gattung derzeit befindet. Grund: Homogener Einheitsschönklang war gestern. Heute zählt die klangliche Individualisierung der vier Stimmen. Sie beschert dem Streichquartettsound eine Riesenfarbpalette, die das Quatuor Ebène vorbildlich kultiviert hat - wodurch die Ohren durch knisternde Spannung, hochexpressive innere Bewegtheit und intellektuelle Tiefe durchweg in Bann gehalten werden.
Im B-Dur-Divertimento des 16-jährigen Mozart etwa dominierte ein herber, natürlicher, eher ungeschliffener Klang. Zusammen mit dem ungeheuren rhythmischen Drive, den die vier zuweilen mit zuckenden Körpern und qualmenden Bögen entfachten, verpasste er dem oft so lapidar interpretierten Werkchen einen atemberaubenden inneren Druck.
In Mendelssohns a-Moll-Quartett, dem romantischen Meisterwerk eines 18-Jährigen, sorgte die ständige Abtönung der Klangfarben, die auch mit der Anpassung des Tempos an den Augenblick einherging, für luftige Gewebe, geisterhaftes Flirren, Schatten und Licht. Eine ungeheuer intensive Interpretation, fein ausgearbeitet bis ins Detail. Jubel und Bravorufe deshalb schon vor der Pause. Da stand Beethovens spätes Quartett op. 132 noch bevor, in dem der dritte, meditativ überlange Satz - der 'Heilige Dankgesang' - von Raphaël Merlin am Cello, Bratschist Mathieu Herzog und den beiden Geigern Pierre Colombet und Gabriel Le Magadure, die sich an diesem Abend als Primarius abwechselten, in eine irisierende Klangstudie verwandelt wurde.
Rezension für die Stuttgarter Nachrichten vom 19.2.2013. Das Konzert fand statt am 17.2.
eduarda - 19. Feb, 16:35