Himmlisches Licht, himmlische Stimmen
Musikfest Stuttgart: A-Cappella-Konzert mit dem norwegischen Vokalsextett Nordic Voices in der Domkirche St. Eberhard
Stuttgart - Geheimnisvoll und ein bisschen gespenstisch beginnen die sechs Nordic Voices ihr spätes Konzert in der Domkirche St. Eberhard: ein sanftes Gewebe aus Säuseln, Windeswispern und tiefem Brummen, das eher an ein Didgeridoo erinnert als an eine menschliche Stimme. Dazwischen zartes Pfeifen, das lustig seine eigenen Wege geht: Obertongesang, äolsharfengleich und nicht ganz von dieser Welt. Der Komponist Lasse Thoresen hat sein hymnisches Stück „Himmelske Fader“ (Himmlischer Vater) , das nach diesem mystischen Intro langsam in ein „normales“, mal chorisches, mal solistisches Singen übergeht, dem phänomenalen norwegischen Vokalsextett auf den Leib geschrieben. Es sind die instrumentalen Farben und naturhaften Klänge, die sich immer wieder in die traditionelle Singtechnik mischen und Nordic Voices zu einem ganz besonderen Ensemble machen.
Mit ihrem Landsmann Lasse Thoresen arbeiten die drei Frauen und drei Männer eng zusammen. Die experimentierfreudigen Künstler machen sich besonders für die zeitgenössische Musik ihrer Heimat stark. Sie lieben und genießen sichtlich Thoresens kompositorische Mischung aus skandinavisch-folkloristischen Klängen, Mikrotonalität und spektralen Obertönen. So auch „Solbøn“, mit dem die Vokalisten ihr A-Cappella-Programm beenden: eine musikalische Sonnenanbetung, die plastisch mit Dunkel-Licht-Effekten arbeitet, mit wolkigen Klangflächen, aber auch handfesten Volksmelodien. Selbst der Nebel wird hörbar, durch den die ersten Sonnenstrahlen am Morgen fallen, bevor sich nach und nach der ganze Himmelskörper Bahn bricht und die Landschaft unter gleißendes Licht setzt. Da juchzen und jauchzen die Stimmen vor Euphorie.
Berückend schön auch die luziden, mikrotonalen Klangflächen in „Verklärung“ von Asbjørn Schaathun oder „Kyrie“ von Gisle Kverndokk. So weich und warm können sich Dissonanzen reiben. Aber auch das dur-mollige Wiegenlied „Sov, sov liten gut“ (Schlaf, schlaf kleiner Junge), geschrieben von Ensemble-Bariton Frank Havrøy, gerät den Nordic Voices zu vibrierender Wohlklangfarbenmusik dank eines vollen, wohlausgewogenen Zusammenklangs, der sich sofort auch wieder verschlanken kann. Lupenrein, klar, geschmeidig und beweglich singen alle sechs Goldkehlchen: Neben Frank Havrøy die Soprane Tone Elisabeth Braaten und Ingrid Hanken genauso wie Mezzosopran Ebba Rydh, Tenor Per Kristian Amundrød und Bass Trond Olav Reinholdtsen. Auch in den beiden Renaissance-Werken „Tenebrae factae sunt“ von Carlo Gesualdo und „Exaltata est“ von Cristobal de Morales zeigen sie Gesangskunst von höchster Güte: farblich perfekt aufeinander reagierend bis zur völligen Verschmelzung, mit packendem Spannungsbogen, enorm in ihrer dynamischen Bandbreite und selbst im Pianissimo noch von weittragender Intensität.
Rezension für die Eßlinger Zeitung vom 7.9.2013. Das Konzert fand statt am 5.9.
Stuttgart - Geheimnisvoll und ein bisschen gespenstisch beginnen die sechs Nordic Voices ihr spätes Konzert in der Domkirche St. Eberhard: ein sanftes Gewebe aus Säuseln, Windeswispern und tiefem Brummen, das eher an ein Didgeridoo erinnert als an eine menschliche Stimme. Dazwischen zartes Pfeifen, das lustig seine eigenen Wege geht: Obertongesang, äolsharfengleich und nicht ganz von dieser Welt. Der Komponist Lasse Thoresen hat sein hymnisches Stück „Himmelske Fader“ (Himmlischer Vater) , das nach diesem mystischen Intro langsam in ein „normales“, mal chorisches, mal solistisches Singen übergeht, dem phänomenalen norwegischen Vokalsextett auf den Leib geschrieben. Es sind die instrumentalen Farben und naturhaften Klänge, die sich immer wieder in die traditionelle Singtechnik mischen und Nordic Voices zu einem ganz besonderen Ensemble machen.
Mit ihrem Landsmann Lasse Thoresen arbeiten die drei Frauen und drei Männer eng zusammen. Die experimentierfreudigen Künstler machen sich besonders für die zeitgenössische Musik ihrer Heimat stark. Sie lieben und genießen sichtlich Thoresens kompositorische Mischung aus skandinavisch-folkloristischen Klängen, Mikrotonalität und spektralen Obertönen. So auch „Solbøn“, mit dem die Vokalisten ihr A-Cappella-Programm beenden: eine musikalische Sonnenanbetung, die plastisch mit Dunkel-Licht-Effekten arbeitet, mit wolkigen Klangflächen, aber auch handfesten Volksmelodien. Selbst der Nebel wird hörbar, durch den die ersten Sonnenstrahlen am Morgen fallen, bevor sich nach und nach der ganze Himmelskörper Bahn bricht und die Landschaft unter gleißendes Licht setzt. Da juchzen und jauchzen die Stimmen vor Euphorie.
Berückend schön auch die luziden, mikrotonalen Klangflächen in „Verklärung“ von Asbjørn Schaathun oder „Kyrie“ von Gisle Kverndokk. So weich und warm können sich Dissonanzen reiben. Aber auch das dur-mollige Wiegenlied „Sov, sov liten gut“ (Schlaf, schlaf kleiner Junge), geschrieben von Ensemble-Bariton Frank Havrøy, gerät den Nordic Voices zu vibrierender Wohlklangfarbenmusik dank eines vollen, wohlausgewogenen Zusammenklangs, der sich sofort auch wieder verschlanken kann. Lupenrein, klar, geschmeidig und beweglich singen alle sechs Goldkehlchen: Neben Frank Havrøy die Soprane Tone Elisabeth Braaten und Ingrid Hanken genauso wie Mezzosopran Ebba Rydh, Tenor Per Kristian Amundrød und Bass Trond Olav Reinholdtsen. Auch in den beiden Renaissance-Werken „Tenebrae factae sunt“ von Carlo Gesualdo und „Exaltata est“ von Cristobal de Morales zeigen sie Gesangskunst von höchster Güte: farblich perfekt aufeinander reagierend bis zur völligen Verschmelzung, mit packendem Spannungsbogen, enorm in ihrer dynamischen Bandbreite und selbst im Pianissimo noch von weittragender Intensität.
Rezension für die Eßlinger Zeitung vom 7.9.2013. Das Konzert fand statt am 5.9.
eduarda - 9. Sep, 10:34