Sonntag, 7. September 2014

Erlkönig im Musikantenstadl

Musikfest Stuttgart: Christoph und Julian Prégardien eröffnen die „Väter und Söhne“-Reihe

Stuttgart - Das Highlight der geschmacklosen Bearbeitungen von Schubert-Liedern war zweifelsohne der „Erlkönig“. Oder sagt man da besser Tiefpunkt? Jedenfalls sangen die beiden Tenöre Christoph Prégardien und sein 30-jähriger Sohn Julian, die im Mozartsaal die Musikfest-Reihe „Väter und Söhne“ eröffneten, die Stimme des bösen Erlkönigs als fröhliches, terzen- und sextenseliges Männerduett. Das klang, als habe sich der gespenstische Kerl in den Musikantenstadl verlaufen. Und damit dürfte er ungefährlich geworden sein für den kranken Knaben, den er eigentlich lüstern ins Jenseits lockt. Erstaunlich, wie man eine sorgsam aufgebaute Spannung derart derb wieder zerstören kann. Denn der Dialog zwischen besorgtem Vater und fieberndem Sohn wurde durchaus gestaltungsbeflissen artikuliert, auch wenn Julian durch ausdrucksbedingtes Forcieren in der Höhe arg ins Tönequetschen verfiel und Christoph etwas schwächelte.

Genauso auf die Nerven gingen die zuvor erklungenen, für zwei Tenöre eingerichteten Schubert-Sololieder „Der Zwerg“ oder „Der Musensohn“, die, wie fast alles an diesem Abend bis auf die Brahms-Arrangements von Hermann Zilcher, das Siegel „Bearbeitung der Künstler“ trugen. Das verlief so gut wie immer gleichförmig und in homophonem Satz: Des Vaters Stimme versteckte sich unter dem melodieführenden Organ des Sohnes, beide sangen munter drauf los, extrovertiert, monochrom, mal gassenhauerisch, mal kitschig verträumt, womit vor allem die farblich nuancierte, psychologisierende Textausdeutung außer Acht blieb. Auch die Arrangements mehrstimmiger Kompositionen konnten nicht überzeugen. In Schuberts „Zum Rundetanz“ und „Die Nacht“ etwa wanderten die tiefen Stimmen einfach in den Klavierpart des zart und fein begleitenden Michael Gees. Der von Vater und Sohn intonierte Rest der Quartette offenbarte deutlich kahle Stellen. Das Publikum zeigte sich freilich am Ende entzückt über die ach so einträchtig duettierende Familienallianz.

Rezension für die Eßlinger Zeitung vom 6. September 2014.

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