Samstag, 27. Februar 2010

Im Bann des reinen Tons

Hilary Hahn spielte mit dem Radio-Sinfonieorchester Stuttgart in der Stuttgarter Liederhalle

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Hilary Hahn

Stuttgart - Wolfgang Rihms „In-Schrift" für Orchester von 1995 ist ein finsteres, sakrales Stück: besetzt nur mit tiefen Streichern, mit wenig Holz und sehr viel Blech, dazu kommen fünf Schlagzeuger. Helle Akzente setzen nur drei flatterzüngige Flöten, eine einsame Harfe und grelle Röhrenglöcken. Das Stück schreitet - immer wieder durchblitzt von scharfen, markerschütternden Akzenten - schwer und statisch voran und zieht in einen Hörsog albverträumter Erdigkeit. Das Radio-Sinfonieorchester Stuttgart (RSO) spielte das Stück am Donnerstag als Ouvertüre seines Konzerts im Beethovensaal der Stuttgarter Liederhalle. Und stellte damit einen denkbar krassen Kontrast zum folgenden federleichten Violinkonzert des 2007 verstorbenen Gian Carlo Menotti her.

Dieser hielt sich 1952 zwar eng an die klassische dreisätzige Schablone der Gattung, aber die Fülle an melodischen Einfällen und eine erstklassige Instrumentation halten das Ohr doch in Bann. Dafür war an diesem Abend natürlich auch das von allem irdischen Grübeln losgelöste, ätherische Spiel der amerikanischen Stargeigerin Hilary Hahn verantwortlich, die das selten gespielte Konzert erstmals öffentlich gab. Hahns perfekte, lupenreine Beherrschung der hohen Lage, die entspannte Virtuosität, mit der sie rasende Läufe, Sprünge, Doppelgriffe nimmt, ist schlicht atemberaubend. Und auch ihre Zusammenarbeit mit dem RSO und dem jungen tschechischen Gastdirigenten Jakub Hrusa harmonierte perfekt.

Einzig die zum Schluss aufgeführte, spätromantische d-Moll-Sinfonie von César Franck konnte nicht ganz überzeugen. Jakub Hrusa vermittelte zwar zwischen Spannungsaufbau und -lösung und dramatischen Klangballungen, betonte aber zu sehr die pathetische Seite des Werks, was der Balance zwischen Streichern und Bläsern nicht gut tat und auf Kosten der spezifisch französischen Klanglichkeit und ihrer besonderen Gewichtung der Instrumentenfarben ging.

Rezension für die Stuttgarter Nachrichten von heute

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