Freitag, 4. Februar 2011

Der harsche Flirt der Streicher mit Led Zeppelin

Das Belcea Quartet aus London zu Gast im Mozartsaal in Stuttgart

Stuttgart - Dass Musikhören Glückshormone freisetzen kann, davon durfte man sich am Mittwochabend im voll besetzten Mozartsaal der Stuttgarter Liederhalle überzeugen. Zu Gast aus London war das grandiose Belcea Quartet. Nicht nur das dramaturgisch wohlüberlegte Programm, sondern vor allem das lebendige, tief empfundene, fein aufeinander hörende Spiel der vier Streicher rissen mit.

Das Ensemble pflegt den risikofreudigen, extrem farbenreichen Sound, der die jüngere von der älteren Streichquartett-Generation und ihrem Ideal eines vollen, homogenen Tons unterscheidet. So wagte man den Einstieg passend mit Beethovens heikler Großen Fuge op. 133, die durch exaltierte, gewalttätige Stimmführung und krasse Dissonanzen auch heute noch zu schockieren weiß. Schroffer, wilder Klanglichkeit setzte das Quartett immer wieder irritierend fahle Farben entgegen.

Kontraste, die auch das Streichquartett "Twisted blues with twisted ballad" des Briten Mark-Anthony Turnage, geboren 1960, zu bieten hat. Turnage ließ sich darin von der Rockband Led Zeppelin inspirieren. Perkussive Elemente und harsches Saitentraktieren lassen Fragmente und Riffs aus dem Led-Zepplin-Song "Dazed and confused" vage aufscheinen, während im Finale deutlich "Stairway to heaven" hörbar wird. Auch der auf dichte Vielstimmigkeit setzende Mittelsatz offenbart einen stilistisch äußerst vielseitigen Komponisten.

Dass das Belcea Quartet dann von Anton Webern den frühen "Langsamen Satz für Streichquartett", der im spätromantischen Stil schwelgt, zum Besten gab und nichts Zwölftöniges war eine witzige Idee. Demgegenüber wirkte die langsame Einleitung zu Mozarts "Dissonanzenquartett" in ihrer kühnen Chromatik nämlich krass modern. Primaria Corina Belcea-Fisher, Axel Schacher (Violine), Krzysztof Chorzelski (Viola) und Antoine Lederlin (Cello) spielten einen derart tiefgründigen und Sinn hinterfragenden Mozart, dass einem gelegentlich der Atem wegblieb.

Rezension für die Stuttgarter Nachrichten vom 4.2.2011. Das Konzert fand statt am 2.2.

EDUARDAS UNIVERSUM

weblog für ernste kultur von verena großkreutz

Wer ist Eduarda?

Eduarda bin natürlich ich! Diesen Spitznamen verpasste mir ein Freund in meiner Anfangszeit als Musikkritikerin in Erinnerung an den berühmten Eduard Hanslick.

Aktuelle Beiträge

"Nazis sind immer die...
Ein Gespräch mit dem Theaterregisseur und Autor Tobias...
eduarda - 22. Mär, 23:46
wie schön!
Ich freue mich schon sehr auf die Lektüre! Allein schon...
ChristophS - 28. Dez, 16:17
Unter Hochdruck
Das SWR Symphonieorchester spielt in der Leitung des...
eduarda - 3. Dez, 10:33
Kecke Attacken
Mirga Gražinytė-Tyla hat in der Stuttgarter Liederhalle...
eduarda - 29. Nov, 19:34

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Status

Online seit 5339 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 22. Mär, 23:46

Credits


Profil
Abmelden
Weblog abonnieren